Sonntag, 10. Januar 2010

kapitel2

Kapitel 2

Ein langsam lauter werdender Lärm. Ziemlich undefinierbar. Zuerst sind immer wieder pulsierende Stampflaute. Je lauter dieser Lärm wird desto mehr steigt dieser Schmerz in meinem Schädel. Kein richtig schlimmer Schmerz. Nach den ersten paar Male wurde er fast beruhigend. Wahrscheinlich habe ich mich schon daran gewöhnt.
Irgendwas blendet mich. Ein helles Licht das auf mich zukommt. Je näher es kommt desto lauter wird der Lärm. Das Licht fängt an zu vibrieren. Es ist gleich bei mir.
Als es fast nicht mehr lauter werden kann zieht sich ein weiterer, extremer Schmerz durch meinen Kopf. Als würde jemand einen spitzen Hammer durch mein Hirn ziehen.
Und eins weiß ich. An das werde ich mich nie gewöhnen..

BUMM

Und ich liege in meinem Bett.
Hier in meinem Bett. Genau 7 Uhr. Ich frage mich warum ich eigentlich immer noch auf die Uhr schaue. Vielleicht um irgendwann mal Ungereimtheiten festzustellen. Verdammt, es ist genau 7 Uhr. Wer hat verdammt nochmal entschieden das mein Tag um 7 Uhr beginnt? Eigentlich fängt mein Tag erst nachmittags an. Das bedeutet das man die ersten Stunden des Tages nur am rumtreiben ist. Ich brauche mehr Entertainment am Morgen. Verdammt, die können mich doch nicht so gelangweilt da sitzen lassen. Ob es irgend jemand gibt der dafür zuständig ist mich zu wecken? Ein lustiger Gedanke. Ein erbärmliches Arschloch das mich jeden Tag genau um 7 Uhr weckt. Scheint ein beschissener Lebensinhalt zu sein.
Geschlafen habe ich schon lange nicht mehr. Das letzte Mal war vor ungefähr einem Jahr und das auch nur weil ich neugierig war wie das so ist.. Mal wieder zu schlafen. Es ist ein Scheißgefühl. Es ist wie gefesselt sein. Nur mit dem Vorteil nichts davon mitzubekommen. Einfach nur tote Zeit die einem viel zu viele Lebenserfahrungen klaut. Dieses aufstehen und diese Anlaufzeit des Körpers bis er Betriebstemperatur hat. Das ist gewiss einer der Dinge aus meinem früheren Leben auf das ich verzichten kann. Irgendwie zufrieden von dem Gedanken nie mehr Zeit zum Schlafen zu verschwenden lass ich den Radiowecker aus den Augen und drehe mich auf den Rücken.
Eine schöne Stuckdecke in entspannendem beige. Sehr entspannend. Aber warum wird entspannend nach so kurzer Zeit zu Langeweile? Die ersten 5 Sekunden sind Befriedigung, die nächsten 5 Sekunden sind Gleichgültigkeit, die nächsten 5 Sekunden sind Überdruss und danach gibt es nur noch Abscheu. Aber trotzdem muss man sagen das es schlimmere Schlafzimmer gibt als meines. Ich festige meine Meinung indem ich mich im Zimmer umschaue. Gegenüber vom Bett steht die alte Holzkommode für meine Unterwäsche. Darüber hängt ein Fenster großer Spiegel. Einer der ersten Dinge die ich jeden Tag sehe bin ich aufgerichtet und frisch in meinem Bett sitzend und jedes Mal grinse ich mich erst einmal ein paar Minuten an. Damit beglückwüsche ich mich heimlich selber für die angenehme Situation in der ich stecke. Ich habe jeden Luxus und alle Zeit der Welt. Ich bin die verfluchte Vorstufe zum Gott. Genug mit mir geliebäugelt. Sonst werde ich noch eingebildet.
Ich sollte jetzt aufstehen. Richte mich auf die Seite und ein schönes und ein mieses Gefühl überkommt mich. Ein schönes gefühl von meinen nackten Füssen die sich in meinen warmen, flauschigen Teppich graben und ein mieses Gefühl von meinem nackten Oberschenkel der das kalte Holz meiner Bettkante berührt. Physisik ist leider nicht zeitabhängig.
Sehe selbstzufrieden um mich herum und da fällt mir seit langem mal wieder dieses Gemälde über meinem Bett auf. Es ist von einem irischen Künstler der sich vor zwei Jahren mit einer Überdosis in das Nirwana geschossen hat. Habe mir erzählen lassen er wäre die neue Hoffnung der internationalen Kunstszene gewesen. Er hat an jedem Bild akribisch lange gearbeitet. Immer so um die Zwei bis Drei Jahre. Deshalb ist auch die Farbschicht so dick. Er hat anscheinend immer wieder was darüber gepinselt bis im Endeffekt ein komplett neues Bild entstanden ist. Er steckte wirklich viel Mühe in seine Werke. Hat wahrscheinlich sein halbes Leben damit verschwendet Farbe auf Papier zu schmieren und wahrscheinlich wäre er sogar noch für eines seiner Werke gestorben. Wie irre. Wie der Künstler hieß? Hab ich vergessen. Was das Bild zu bedeuten hat? Hab ich auch vergessen. Mir haben einfach die Farben gefallen. Und das obwohl die Typen mir das einfach so an die Wand gehängt haben. Denen ihr Raumausstatter muss den selben Geschmack haben wie ich. Bis auf das beige an den Wänden.
Mein erster Weg führt mich in das Esszimmer. Dafür muss ich aber erst einmal durch das Wohnzimmer in der ich gestern noch mit ein paar Nutten gefeiert habe. Es ist wieder alles frisch aufgeräumt. Die riesige Designercouch mit den Whiskey und Champagnerflecken strahlt wieder im hellsten weiss. Und auch mein Glastisch ist wieder sauber. Vor noch ungefähr 30 Minuten waren dort noch alle möglichen bewusstseinsveränderten Substanzen und Körpersekrete darauf verteilt. Sah am Schluss aus wie Milchglas. Eigentlich schade weil er so gut nach Muschis gerochen hat. Das fiel mir auf als ich die letzte Line darauf gezogen habe. Hatte nämlich die Idee alle Nutten nackt auf den Tisch setzen zu lassen und es dann von unten zu betrachten. Ein Anblick den man nie wieder vergisst.
Ich liebe diese Nuttenorgien. Die schreien nicht gleich los wenn man mal auf sie pinkelt oder sowas. Nicht das ich auf sowas stehe aber manchmal macht man sowas wenn man high ist. Mein Blick wandert weiter zu meinem 56 Zoll Plasmafernseher den ich vor ein paar Stunden bei einem Horrortrip mit Benzin übergossen. Guter Ratschlag an mich. Nie wieder Dawn of the Dead anschauen wenn ich auf Pillen bin. Egal, jetzt hängt er wieder voll funktionsfähig an meiner Wand. Eigentlich ist das ja praktisch aber es macht alle meine Taten irgendwie sinnlos. Habe schon lange nicht mehr fern gesehen. Aber wieso auch? Kommt sowieso immer nur das Gleiche. Kenne ja schon die Lottozahlen auswendig. Naja, vielleicht schaue ich heute Abend trotzdem mal rein. Nur der alten Zeiten Willen. Die hätten mich sonntags rekrutieren sollen wenn wenigstens ein paar Filme laufen. Scheiß drauf. Wäre genauso langweilig.
Was soll ich heute nur anziehen? Mein begehbarer Kleiderschrank ist voll von hässlichen Klamotten die bei mir immer wieder einen Lachkrampf verursachen. Ein Drittel von dem Zeug ist ja ganz brauchbar. Hab heute mal wieder Lust auf etwas Schlichtes. Genau. Weißes Hemd, schwarze Jeans, schwarze Sneakers und mein schwarzes Sportjacket. Blödes Hemd. Bleibt beim Anziehen immer an meiner Uhr hängen. Insgeheim mache ich das Hemd dafür verantwortlich obwohl eher die scharfen Kanten meiner Uhr daran schuld sind. Das Ding ist halt mein einziger Partner. Ist fast schon ein guter Freund geworden da ich ohne sie ziemlich aufgeschmissen wäre. Habe die Uhr immer an und das ist auch gut so. Wollte sie am Anfang mal abnehmen bis mir aufgefallen ist das sie keinen Verschluss hat. Heutzutage würde mir wahrscheinlich etwas fehlen wenn ich sie nicht an hätte. Dummerweise sieht sie etwas billig und schäbig aus aber dafür ist sie äußerst stabil. Das Ding hat ja schon einiges mitgemacht. Bin wie der Vater eines hässlichen Kindes. Und ich liebe es trotzdem.
Jetzt erstmal Frühstück. Durch einen kleinen Torbogen komme ich in mein Esszimmer mit der offenen Küche. In dem verspiegelten drei Meter Kühlschrank kann ich mich in voller Pracht sehen. Wer braucht normalerweise solche Kühlschränke? Wer braucht Arbeitsflächen aus italienischem Marmor auf denen man sowieso nur Essen zerhackt? Und wer braucht eine 2000€ Kaffeemaschine die nichts anderes machen kann als? Natürlich Kaffee. Aber wer liebt es nicht Sachen zu haben die man nicht braucht? Macht doch jeder so. Die Anderen halt in kleineren Kategorien.
Auf dem Essenstisch steht schon das Frühstück bereit. Das unsichtbare Hausmädchen hat wieder ganze Arbeit geleistet. Rührei mit frischen Tomaten und Champignons, warme Croissants und original französische Marmelade. Meine Lieblingssorte.
Jeden Tag ein anderes leckeres Frühstück. Leider nur das Frühstück. Mittag- und Abendessen werden nicht serviert. Entweder weil sie zu geizig sind oder Angst haben das ich sie mal dabei erwische. Im Anbetracht meines Hauses glaube ich Zweiteres. Komisch. Das Frühstücksmenü ändert sich täglich. Warum schaffen die das nicht auch beim Fernsehprogramm? Werde nachher mal danach fragen. Genau. Nachher. Ich hasse diese festen Termine. Dadurch kann ich mich heute nicht frei entfalten aber die halbe Stunde muss ich wohl opfern.
Eigentlich bescheuert. Lebe wie ein König, habe soviel Zeit wie sonst keiner und beschwere mich trotzdem.
Nach dem Frühstück schleife ich meinen Hintern widerwillig in meinen roten 67er Ford Mustang. Das Garagentor öffnet sich automatisch und ich rase die Auffahrt herunter. Biege sofort um die Ecke in die Straße hinein. Ohne nach zuschauen ob ein Auto den Weg kreuzt. Das ist ja kein Problem. Es ist ja 8 Uhr 46. Das nächste Auto das hier vorbei fährt kommt erst um 9 Uhr 03.
Um an mein Ziel zu gelangen muss ich erst einmal quer durch die Stadt. Oh Gott, hasse ich diese Stadt. Hier ist irgendwie alles so asozial und versifft. Die Menschen die hier wohnen passen dafür ganz gut hierher. Die meisten sind weißer Müll vom Feinsten und ich glaube deshalb hatte ich auch nie Probleme einen von ihnen umzubringen. Jede Stadt hat eigentlich einen schönen Bezirk in die die Stadt ihr Geld rein steckt aber ich glaube die hier wurde übersehen.
Hoffentlich bekomme ich mal den Auftrag über dieses Drecksloch abzuwerfen. Das wäre zu schön um wahr zu sein.
Gott sei Dank wohne ich im Nachbarteil der Stadt die noch in Ordnung ist. Ein Nobelviertel. Vielleicht ein bisschen dekadent, aber schön. Mein Ziel das ich gerade anfahre ist das andere Nobelviertel am anderen Ende der Stadt. Deshalb muss ich quer durch das Drecksloch fahre. Dafür aber so schnell wie möglich.
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde rase ich durch die Innenstadt. Ich fahre kleine Umwege falls mal wieder zufällig eine Polizeistreife umher fährt. Nach all den Jahren weiß man zu jeder Zeit wo sich die Schweine gerade aufhalten. Und Radarkontrollen? Interessieren mich nicht.
Es hat halt Vorteile immer wieder den gleichen Tag zu erleben.

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